Trainingsmaterial Nr. 44

Inhaltsverzeichnis

Glanzstücke der Schachgeschichte – Folge 14
Der Gelfand-Schlag
Bauernumwandlung mit Schach
Training mit dem Computer – Folge 2
Eröffnung intensiv – Folge 13
Final Fun




  Glanzstücke der Schachgeschichte

Erneut wollen wir durch die Turniersäle der Schachgeschichte streifen und bei einigen bemerkenswerten Partien verweilen.

Sehen wir zunächst eine Partie, die der Schachautor Christian Hesse zu seiner Favoritin gekürt hat. Lassen wir ihn selbst zu Wort kommen: "Großmeister Grigori Serper opfert gegen den griechischen Großmeister Ioannis Nikolaidis einen ganzen Urwald von Holz, wandelt zwei Bauern um, büßt eine der entstehenden Damen wieder ein und führt die verbleibende Figurengruppe zum Sieg.".
Serper – Nikolaidis, Russland 1993

Das nächste Opferfeuerwerk brennt der Argentinier Hector Rossetto in der WM-Qualifikation 1958 ab. Er und sein Gegner von den Philippinen belegten zwar am Ende nur hintere Plätze, doch ihre Partie darf auch 50 Jahre später in keiner Sammlung fehlen.
Rossetto – Cardoso, Interzonenturnier 1958

Auch im dritten Beispiel ist es ein Damenopfer, mit dem der Mattangriff eingeleitet wird.
Stefanow – Andrejew, Sowjetunion 1975

Bleiben wir noch etwas beim Thema "Damenopfer" und gönnen uns leicht verdauliche Kost. Die folgende Mattkombination des Österreichers Ernst Falkbeer (1819 – 1885) ist nicht besonders schwer – wenn man den Anfangszug gefunden hat. Danach sind fast alle weißen Züge erzwungen.
Matschego – Falkbeer, Wien 1853

Kommen wir nun zu zwei (höchst unterschiedlichen) Turmopfern. Eine bemerkenswerte Endspielleistung präsentiert Aaron Nimzowitsch (1886 – 1935). Er gehört zu den bedeutendsten Schachspielern, die niemals Weltmeister wurden. Sein Gegner in dieser Partie ist Hans Kmoch (1894 – 1973). Der Österreicher war zu jener Zeit ebenfalls ein Weltklassespieler. Beide haben das Schach mit vielen guten Büchern und fundierten Analysen bereichert.
Kmoch – Nimzowitsch, Deutschland 1927
Ein beeindruckendes Beispiel, wie nach einem Turmopfer die Freibauern eine erdrückende Macht entfalten. Pikanterweise hat gerade Kmoch ein Buch unter dem Titel "Die Kunst der Bauernführung" geschrieben.

Und hier ist man an den berühmten "Goldenen Zug" von Marshall (siehe Trainingseinheit 3) erinnert. Diesmal opfert Jacques Mieses (1865 – 1954) einen Turm auf dem gleichen Feld.
Reggio – Mieses, Monte Carlo 1903
Der einleitende Zug gehört mal wieder in die Klasse der so schwer zu findenden "kollinearen Züge".

Unser letztes Beispiel präsentiert ausnahmsweise den Schluss einer Remispartie. Beide Seiten spielen höchst ideenreich und sind sogar bereit, ihre Damen zu opfern. Es stehen sich zwei führende britische Großmeister gegenüber.
Speelman – Rowson, Irland 1997




  Der Gelfand-Schlag

Als Gelfand-Schlag bezeichnet man ein Kombinationsmotiv, das nach dem israelischen Großmeister Boris Gelfand benannt wurde. Er setzte es 1988 in einer hochkarätigen Partie ein. Boris Gelfand stammt aus der früheren Sowjetunion. Er gehört seit Beginn der 1990er-Jahre zu den stärksten Spielern der Welt. Obwohl er nie im ganz großen Rampenlicht stand, ist er immer in den Top-20 der Weltrangliste zu finden.
Das als Gelfand-Schlag bezeichnete Kombinationsmotiv ist eigentlich nicht besonders kompliziert: Mit dem Opfer einer Leichtfigur wird dem Turm auf a8 die Deckung entzogen. Es handelt sich also um ein Ablenkungsopfer. Dann dringt der Angreifer über die Grundreihe ein, erobert den ungeschützten Turm und hat somit eine Qualität gewonnen.
Es ist bemerkenswert, dass diese recht überschaubare Kombination im Turnierschach sehr selten gezeigt wird – um so wichtiger ist es, sie zu kennen und im richtigen Moment auszupacken.
Sehen wir zunächst die Stammpartie, nach welcher das Motiv bezeichnet wurde:
Gelfand – Serper, Sowjetunion 1988
Großmeister Serper, der hier der Leidtragende war, ist uns gerade erst mit seiner Glanzpartie gegen Nikolaidis begegnet. Das war also kein "Leichtgewicht", welches da dem Gelfand-Schlag erlag.

Die folgende Situation kam gar nicht aufs Brett, sondern ergab sich lediglich als Variante einer Bundesliga-Partie. Schwarz erkannte die Gefahr eines Gelfand-Schlages, vermied diesen – verlor die Partie aber später dennoch.
Krasenkow – Wegerle, Deutschland 2007

Im dritten und schon abschließenden Beispiel sehen wir eine Variation des Gelfand-Schlages. Zum einen holt diesmal Schwarz zum Schlag aus, zum anderen ist nicht die Dame sondern ein Turm beteiligt.
Himpenmacher – Shidlovski, Deutschland 2004




  Wenn sich der Bauer mit Schachgebot umwandeln soll…

Es ist keineswegs außergewöhnlich, dass man im Endspiel einen Bauern umwandelt und dabei zugleich Schach gibt. Hin und wieder ist es aber für den Ausgang der Partie sehr wichtig, dass genau das passiert. Gerade in Partien, in denen beide Spieler über umwandlungsbereite Freibauern verfügen, kann dies zu einem entscheidenden Tempogewinn führen.
Manchmal lohnt es sich sogar, dafür einen zusätzlichen Königszug zu investieren. Dieser scheinbare "Tempoverlust" wird mit Zinsen zurück geholt.

Ausgangspunkt unserer Betrachtungen ist eine Partie aus der Berliner Meisterschaft U16. Zweimal hatte der Anziehende die Chance, zu erzwingen, dass sein Bauer mit Schach einzieht.
Pugliese – Zesewitz, Berlin 2007 (1. Chance)
Im weiteren Partieverlauf ergab sich eine weitere Chance, unter Nutzung eines Studienmotivs die Bauernumwandlung mit Schach zu erzwingen.
Pugliese – Zesewitz, Berlin 2007 (2. Chance)

Wie bereits ein Zuschauer dieser Partie anmerkte handelt es sich bei den (auf den ersten Blick) merkwürdigen Königszügen um ein bekanntes Studienmotiv. Unter den vielen dafür vorhandenen Beispielen sollen hier exemplarisch zwei Aufgaben vorgestellt werden.
Zunächst sozusagen die Minimalform ohne großen Kommentar.
Studie von de Feijter, 1941
In der folgenden Studie ist der verteidigende König auch noch am Brettrand gefangen und so kommt ein weiteres Mattmotiv hinzu. Dadurch kann sich Weiß im Bauernwettlauf sogar ein weiteres Feld Rückstand erlauben.
Studie von Mandler, 1938




  Trainingsmöglichkeiten am Computer

In der zweiten Folge dieser Serie geht es darum, wie uns die gängigen Programme unterstützen, sich auf die Partie gegen einen konkreten Spieler vorzubereiten. Auch im Schach gilt ja die alte Fußballer-Regel: "Der nächste Gegner ist immer der schwerste.".
Das Trainingsmaterial befindet sich in einem eigenständigen Dokument:
Training mit Schachprogrammen – Folge 2




  Eröffnung intensiv
Das Tennison-Gambit

Das selten gespielte Tennison-Gambit ist uns schon gelegentlich begegnet. Dabei ging es meist um kurze Siege mit Weiß, die aber nur eine Facette dieser interessanten Eröffnung darstellen. Heute wollen wir uns dem Gambit systematischer annähern.

Das Trainingsmaterial befindet sich in einem eigenen Dokument:
Das Tennison-Gambit




  Final Fun

Wir Schachspieler sind ja um treffsichere Aphorismen nicht verlegen – oft auch mit einem guten Schuss Selbstironie.
Hier eine kleine Auswahl:




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Thomas Binder, 2007