Eröffnungsfallen und Kurzpartien – Folge 14
Rekorde im Schach – Folge 2
Hausaufgabe
Endspiel intensiv – Folge 3
Was ist eigentlich…?
Final Fun
Das Opfer einer Leichtfigur (meist des Läufers) auf f7 bzw. f2 gehört zum Standard jedes Schachspielers.
So lange dieser Zug technisch möglich ist – besonders aber in unrochierter Stellung – müssen sowohl der Angreifer
als auch der Verteidiger diese Möglichkeit im Auge behalten.
Die Beispiele dazu sind sehr vielfältig. Hier kann nur eine kleine Auswahl zeigen, welch verschiedenartige
Motive sich hinter diesem typischen Opfer verbergen können.
Als Einstiegsbeispiel dient eine extrem kurze Partie, die uns bereits den Grundgedanken des f7-Opfers in sehr
drastischer Weise vorführt.
Lusgin – Joffe, Sowjetunion 1968
Die Zugfolge Lxf7+ nebst Sg5+ ist sehr häufig. Sehen wir ein weiteres Beispiel:
Monosson – Faque, Paris 1935
Mit genau der gleichen Zugfolge erwähnt allein der Autor Mazukewitsch 4 Partien. Man sieht also:
Eröffnungsfallen werden auch unter beachtlichen Spielern immer wieder angewandt. Es lohnt sich, sie zu kennen.
Ein weiteres Beispiel, ebenfalls aus Frankreich:
Cheron – Polikier, Frankreich 1927
Abhängig von der konkreten Situation, kann das 2. Schach nach dem Opfer auch auf e5 erfolgen:
Schnitzler – Eberle, Düsseldorf 1861
Interessant sind auch Varianten, in denen der Springer in der Folge auf e6 auftaucht und die Dame erobert.
Hier ein Beispiel in dem kein Geringerer als der große Siegbert Tarrasch (1862 – 1934) verliert. Er unterliegt
dem deutschen Meister von 1925, Freiherr von Holzhausen (1876 – 1935).
Holzhausen – Tarrasch, Deutschland 1912
Auch die nächste Partie ist von historischem Interesse: Der spätere Weltmeister Robert Fischer spielte sie
bei der USA-Meisterschaft 1958 als 15jähriger "Wunderknabe" gegen den stärksten Spieler seines Landes,
Sammy Reshevsky (1911 – 1992). Reshevsky hatte selbst in seiner Jugend als "Wunderkind" gegolten und musste hier
schmerzlich erfahren, wie vergänglich solcher Ruf sein kann.
Fischer – Reshevsky, USA 1958
In der folgenden Partie wird der König mit mutigen Opfern seines Schutzes beraubt und matt gesetzt.
Schlosser – Kantschew, 1957
Seltener, aber genau so wichtig zu kennen, sind die Springeropfer auf f7. Ein Beispiel soll unseren
Streifzug abschließen.
Laun – Müller, Deutschland 1963
Und zum guten Schluß wieder der Beweis, dass diese Motive auch in den eigenen Partien vorkommen.
Zunächst erinnere ich an meine Siege gegen Mick und Schönfeld, die man im 13. Training (im Material zum
Morra-Gambit) findet.
Eine weitere Partie mit typischem Läuferopfer auf f7:
Binder – Kuhnke, Deutschland 1986
Hier nun wieder ein paar skurrile Rekorde von der Homepage von Tim Krabbé.
Zunächst suchen wir Partien in denen möglichst spät geschlagen wurde.
Den Rekord halten der Pole Filipowicz und der Jugoslawe Smederevac. Nach 70 Zügen waren
noch alle Figuren auf dem Brett und die Partie wurde wegen der 50-Züge-Regel remis gegeben.
Im 20.Zug hatten beide zuletzt einen Bauern bewegt.
Wer sich die Sache unkommentiert ansehen möchte, bitte schön:
Filipowicz – Smederevac, Polen 1966
Die Partie kann wohl auch den Rekord "50-Züge-Regel mit den meisten Figuren" beanspruchen.
Die bisher längste entschiedene Partie, in der zum Ende noch alle Figuren auf dem Brett waren, spielten
Reinhard Nuber und Roland Keckeisen in der Meisterschaft von Oberschwaben 1994.
Immerhin 31 Züge lang hielten es alle Figuren auf dem Brett aus. Dann musste Schwarz aufgeben.
Nuber – Keckeisen, Deutschland 1994
Ebenfalls in Deutschland ergab sich die längste Serie gegenseitigen Schlagens:
Zwischen Reinhard Blodig und Herbert Wimmer wurde in 17 einander folgenden Halbzügen etwas weggenommen.
Blodig – Wimmer, Deutschland 1988
Das folgende nennt Tim Krabbé einen "Unterrekord": 10 Schlagfälle in Folge auf dem selben Feld.
Vermutlich stammt die Partie aus einem Jugendturnier.
Olle – Healey, 1993
Wir lösen jetzt die Aufgabe aus Training Nr. 13 auf.
Es handelte sich um 3 retroanalytische Aufgaben.
Da die Erklärung recht viel Platz benötigt, liegt sie in einem eigenen Dokument.
Lösung der Hausaufgaben aus Nr. 13
Und hier nun die neue Aufgabe für dieses Mal.
Es ist eine relativ einfache Aufgabe im Quiz-Stil. Sehen wir uns zunächst die Stellung an.
Hausaufgabe. Schwarz am Zuge
Weiß hat zuletzt Td1-e1 gezogen.
Welche der folgenden Aussagen trifft nun auf diese Stellung zu?
Heute lernen wir ein typisches Verfahren kennen, mit dem sich oft Bauernendspiele gewinnen lassen, selbst wenn noch keine Freibauern vorhanden sind. Unter Opfer eines oder mehrerer Bauern wird letztlich für einen Bauern der Weg zur Umwandlung frei gemacht.
Zunächst ein einfaches und lehrreiches Beispiel.
Studie aus dem Jahre 1766
Das gleiche Verfahren ist auch bei einer anderen Bauernaufstellung möglich. Wieder gewinnt derjenige
dessen Bauern weiter vorgerückt sind.
Weiß am Zuge
Es folgen 3 Beispiele aus praktischen Partien. Es kommt immer wieder darauf an, im richtigen Moment
an das Motiv des Bauerndurchbruchs zu denken.
Awerbach – Bebtschuk, Moskau 1964
Baratz – Schönmann, 1927
Pomar – Cuadras, Spanien 1974
Der Begriff "Hängepartie" hat sich ähnlich wie "Zeitnot", "Zugzwang" oder "Bauernopfer" aus dem Schach
in viele Bereiche des Lebens verbreitet. Im heutigen Schachleben kommt er – aus guten Gründen – kaum
noch vor.
Früher war es üblich, dass eine Partie nach einer bestimmten Zeit (meist 4 oder 5 Stunden) abgebrochen und
an einem späteren Tag fortgesetzt wurde.
Der am Zug befindliche Spieler führte seinen Zug nicht auf dem Brett aus, sondern schrieb ihn auf das Formular,
versiegelte dieses in einem Umschlag und gab es dem Schiedsrichter, der es bis zur Fortsetzung der Partie
unter Verschluß hielt. (Daher der Begriff "Abgabezug".)
Bei der Fortsetzung öffnete der Schiedsrichter den Umschlag und führte den Abgabezug aus. Stellte sich heraus,
daß der Spieler einen unmöglichen oder nicht eindeutigen Zug notiert hatte, war die Partie für ihn verloren.
In der Zeit zwischen Abbruch und Fortsetzung der Partie konnten beide Spieler natürlich fremde Hilfe und Literatur
in Anspruch nehmen und die Stellung ausgiebig analysieren. Spätestens seit es schachspielende Computerprogramme
gibt, sind Hängepartien damit wertlos. Die Gesamtbedenkzeit wurde so weit verkürzt, dass es nicht mehr zu
Vertagungen kommen muß.
Über Hängepartien gibt es unzählige Anekdoten und es sind auch Lehrbücher z. B. über die richtige Wahl des Abgabezuges und die Analyse der vertagten Partie geschrieben worden. Es ist klar, dass oft auch fremde Hilfe über den Ausgang einer Partie entschieden hat.
Bei der Schacholympiade 1980 hatten die Sowjetunion und Ungarn ihre Partien der letzten Runde schon beendet und lagen
punktgleich auf Platz 1 und 2. Über den Titelgewinn mußte die Buchholz-Wertung (wir erinnern uns: Die Summe der Punkte
der Gegner) entscheiden. Nun kam alles auf die Partie im hinteren Mittelfeld zwischen Schottland und Griechenland an.
Die Russen brauchten mindestens einen 3:1-Sieg der Griechen. Zum Abbruch stand es 1,5:0,5 für Griechenland bei 2 Hängepartien.
Während die armen Schotten vermutlich die ganze Nacht über analysierten, nahmen sich die Russen mit Weltmeister Karpow
und seinem Nachfolger Kasparow die Stellungen der Griechen vor und fanden in beiden Partien den Gewinnweg.
Am nächsten Morgen ließen sich die ausgeschlafenen Griechen erklären, wie ihre Partien zu gewinnen sind und holten den
klaren 3,5:0,5 Sieg gegen Schottland – Die Sowjetunion gewann die Olympiade.
Sicher ist dieses extreme Beispiel ein Fall grober Unsportlichkeit. Die Regeln ließen fremde Hilfe bei einer Hängepartie
aber zu. So gesehen, kann man froh sein, dass es sie heute nicht mehr gibt.
Wir kommen wieder auf Hartstons "How to cheat at chess" zurück.
Am Ende dieses Buches steht ein nettes Quiz, welches wir hier und in der nächsten Folge betrachten wollen.
Die Auflösung folgt im übernächsten Training.
Heute also die ersten 5 Fragen:
Für Fragen, Kritiken und Anregungen bitte Email an mich